Pfingsten zu den Ostfriesischen Inseln

… der perfekte Törn. Nachdem der erste Anlauf am 1. Mai ja nicht geklappt hatte, lief es diesmal optimal. Aber der Reihe nach:

Tag 1 - Die Anreise

Samstag lief es ideal. Prächtiger Wind aus einer angenehmen Richtung und gutes Wetter. Am Anfang mal kurz leichter Sprühregen, aber dann klarte es wieder auf und es wurde sonnig. Ablegen um 10:15 - eine halbe Stunde nach Hochwasser. Der Strom schob noch zusätzlich an. Erst mit etwa einem, später auch mit 2 Knoten. Das hielt dann bis kurz vor Cuxhaven wo ich um 15:15 war.

Viel zu früh um Pause zu machen, also weiter. In der Außenelbe kam der Strom dann gegenan. Teilweise mit 4 Knoten. An den 2 Tonnen, wo ich das schonmal erlebt hatte waren wieder ordentliche Stromkabbelungen zu sehen. So etwa 1m Seegang, wo es sonst weniger als 30cm waren. Aber noch gut im grünen Bereich. Bei schlechtem Wetter wird es hier aber dann vermutlich ungemütlich. Es lief so gut, daß ich beschloß weiter nach Süden zu fahren. Schahörn war um 18:00 erreicht und ich konnte den Leuchtturm Alte Weser (also der bei dem Leuchtturm Roter Sand) schon sehen. Um 19:25 hab ich dann zum zweiten Male den Leuchtturm Roter Sand erreicht und bin weiter nach Wangerooge.

Leuchtturm Roter Sand Leuchtturm Roter Sand Leuchtturm Roter Sand kommt in Sicht

Leuchtturm Roter Sand Leuchtturm Roter Sand Leuchtturm Roter Sand - Der “klassische” Leuchtturm

Vor Wangerooge hab ich wieder Lehrgeld gezahlt und Erfahrungen gesammelt! =:-) Ich hab mir die Harle, das Seegatt zwischen Wangerooge und Spiekeroog durchaus vorher auf der Karte angeschaut. Aber nicht ganz richtig. Will sagen, mir ist da ein Detail entgangen (das auf einer anderen Karte allerdings etwas besser raus kam). Hier konnte man dem Tonnenstrich nicht so einfach folgen, sondern mußte die eine Rote rechts und nicht links, wie sonst üblich, liegen lassen. Auf einmal befand ich mich in Brandung (von See kommend sieht man die nämlich nicht so richtig!) Kurz gewundert und dann gingen die Alarmglocken an - das Wasser wurde flach! 1,5m und fallend! Der Wind kam von hinten, also ging nur Ausweichen nach links oder rechts. Daß das Schwert hoch kam war egal, aber die Pinne bereitete mir Sorgen. Mit aufgeholtem Ruderblatt hat man so viel Ruderdruck, daß man denkt es bricht gleich.

Ohne vernünftig Steuern zu können wird es aber kompliziert - also erstmal die Fock weg gerollt, die Fahrt aus dem Schiff genommen und das Schiff quer zum Wind gelegt. Ich hoffte jetzt über das Flach weg treiben zu können. Mit eingezogenen Beinen hatte ich noch etwa einen Meter Wasser unter mir und es sah nicht so aus, als ob es noch flacher werden würde. Gundberührung war also höchstwahrscheinlich nicht zu befürchten. Nach einer Weile als es immer noch nicht tiefer werden wollte, hab ich nochmal mit dem GPS auf die Karte geschaut und gefunden, daß ich schon an der Tabaksplate war. Der Motor reicht (in diesem Falle zum Glück) nicht so tief ins Wasser, so daß ich mit dem Motor dann gelenkt habe um das Ruderblatt zu schonen. So hab ich mich dann zur nächsten Tonne des Fahrwassers gemogelt - Uff!

In Wangerooge war dann schon fast Niedrigwasser und man wäre sowieso nicht in den Hafen gekommen. Also hab ich mich in der Bucht daneben trocken fallen lassen. Langsam aufs Ufer zu fahren und ssst, irgendwann sitzt man auf. Bei dem weichen Schlick kein Problem. Dumm nur, daß mein Echolot bei diesen geringen Wassertiefen spinnt. Unterhalb von einem Meter zeigt es nur Müll an man weiß also nie genau wie tief es nun wirkich ist. Egal - wenn man vorne aufsetzt ist hinten noch genug Wasser für den Motor.

Um 22:15 lag ich dann fest hinter Wangerooge.

Tag 2 - Mein erstes Wattfahrwasser

Am Sonntag wollte ich dann mal ein Wattfahrwasser ausprobieren. Um 15:00 war Hochwasser, da mußte ich dann dort sein, denn nur bei Hochwasser steht genug Wasser über dem Watt, daß man durch kommt. Bei Niedrigwasser fällt das Wattfahrwasser trocken. Also ein geruhsamer Morgen, denn früher losfahren bringt ja nichts. Dann der nächste Fehler - ein Rechenfehler. Man kommt da nämlich nur durch wenn man die Mitte des Weges bei Hochwasser trifft. Aus irgendeinem Grunde (hab vermutlich mit dem Stechzirkel nur eine halbe statt einer Seemeile abgegriffen - der Maßstab der Karte war so groß) hatte ich die Entfernungen falsch abgegriffen und doppelt so groß angesetzt, wie in real. Und dann war ich auch noch schneller als die geschätzten vier Knoten. Ich war also viel zu früh dort und es war noch gar nicht genug Wasser da.

Aber schön war es! In einem Priel zu fahren, der dann nicht viel breiter ist als das Schiff. Geruhsame Fahrt bei einer lauen Brise und mutterseelenallein im Watt. Als ich an einer Seehundbank vorbei kam, ist dummerweise die Kamera runter gefallen und hatte erstmal keinen Strom mehr, bis ich sie neu zusammengebaut hatte. Also keine schönen Bilder von Seehunden - nur welche aus der Ferne.

Herde Robben auf der Sandbank Herde Robben auf der Sandbank Eine Herde Robben auf der Sandbank

Das Wasser war wieder so flach, daß ich auch die Pinne hoch nehmen mußte. Mit achterlichem Wind hatte ich es für schlau gefunden, nur mit der Fock zu fahren. Zum einen kann man sie schnell weg rollen wenn es zu flach wird und zum anderen wäre es Wahnsinn mit 8 kn durch das Wattfahrwasser brettern zu wollen. Später hab ich dann gelesen, daß das eine allgemein angesagte Taktik ist. ;-) Kurz vor dem Hoch des Fahrwassers ging es dann nicht mehr weiter- man konnte sehen, daß weiter vorne noch gar kein Wasser stand.

Ende im Gelände Ende im Gelände Ende im Gelände

Sicherheitshalber hab ich noch einen Anker geworfen (aber den leichten, damit ich nicht so viel schuftgen muß, wenn ich ihn wieder rein hole), damit ich nicht aufs Watt getrieben werde und abgewartet. Als ich dann am Horizont gesehen habe wie andere durch das andere Wattfahrwasser in der Nähe gefahren sind, bin ich auch wieder los - diesmal erstmal mit Motor. Noch immer etwas zu früh, denn an der flachen Stelle hab ich ordentlich Dreck aufgewirbelt. Das Wasser hatte jetzt das ganze Watt schon bedeckt, so daß man nur noch an den Pricken lang fahren konnte. Vorher, bei dem wenigen Wasser war es reizvoller, also hatte es auch sein gutes zu früh dran gewesen zu sein. Zusätzlich setzte eine Weile lang der Gezeitenstrom quer über das Fahrwasser hinweg, so daß man ordentlich gegen halten mußte. Nur mit Segeln hätte das problematisch werden können - jedenfalls wenn man mit aufgeholter Pinne nicht ordentlich steuern kann.

Der Rest zum Hafen von Spiekeroog war dann kein Problem. Aus lauter Faulheit hab ich das Großsegel unten gelassen und bin die ganze Zeit nur mit der Fock gesegelt. Zwar langsam, aber ich hatte ja Zeit - den Tag hab ich ja nur 11,6 sm gemacht.

In Spiekeroog hab ich mich dann wieder neben dem Hafen aufs Watt fallen lassen und später, als ich aussteigen konnte, dann einen Zug durch den Ort gemacht. Etwas Warmes zu futtern gab es im Ort aber nichts mehr - die Restaurants hatten nur Küche bis 21:00 und ich war 21:15 erst dort - mußte ja warten bis das Wasser weit genug weg war. Aber für ein Eis langte es noch.

Der Anker (im Vordergrund) ist im Moment nicht nötig ;-) Der Anker (im Vordergrund) ist im Moment nicht nötig ;-) Der Anker (im Vordergrund) ist im Moment nicht nötig ;-)

Der Hinterste bin ich Der Hinterste bin ich Der Hinterste bin ich

Tag 3 - Ein kurzer Hüpfer nach Langeoog

Die Abfahrt am Montag war nicht ganz so einfach. Das Wasser war schon wieder am Fallen und der Wind hatte leicht gedreht, so daß ich am Anker mehr über dem flachen Wasser lag. Ich war fast schon wieder fest, aber bei dem geringen Tiefgang konnte ich einfach aussteigen und das Boot ins tiefe Wasser schieben ohne mir den Hintern naß zu machen. Dann kurz mit der Maschine einen Heckanker ausgebracht (zum Glück hab ich ja jetzt zwei Anker an Bord). Das Ziehen wurde mir dann zu schwer, so daß ich nochmal ausgestiegen bin und den Buganker zu Fuß geholt habe. Er lag ja auch in flachem Wasser. =:-)

Nach Langeoog war es nicht so weit. Da ich nicht wieder aufs nächste Hochwasser warten wollte um nochmal ein Wattfahrwasser zu probieren, bin ich durchs Seegatt und außen rum gefahren. Da war ich viel zu schnell vor Langeoog, so daß ich einfach weiter gefahren bin und dann zwei Stunden später vor Juist umgedreht habe. Herrliches Segeln bei halbem Wind (4 Bft und 8kn Fahrt im Schiff) Auf dem Rückweg kam mir etwas spanisch vor. Das GPS zeigte einen Kurs über Grund von 080° (oder weniger) an, aber LAT wurde nicht größer obwohl es das bei dem Kurs hätte müssen. Auch sah es dann so aus, als wäre ich viel weiter unter Land, als ich wollte. Hab dann sicherheitshalber angeluvt und meine Tonne dann auch gefunden. Bei 070° statt der 080° die ich es eigentlich hätten sein sollen. Ich war also tatsächlich zu tief gefahren … Diesmal hab ich natürlich ganz genau geprüft wie ich durchs Seegatt komme - aber dieses war auch einfacher als das vor Wangerooge.

In Langeoog hab ich mich wieder vor Anker gelegt. Hafengeld bezahlen wenn ich nur übernachte und am nächsten Morgen um 6:00 schon wieder weiter will - nö. ;-) Es war zwar nicht so richtig gemütlich aber knapp neben der Prickenreihe die das Fahrwasser begrenzte, hab ich ein Plätzchen gefunden, wo ich mich trocken fallen lassen konnte. Nach aktueller Planung müßte ich dann Morgen um 05:00 wieder aufschwimmen. Also brauchte es keine Ankerwache für die Nacht. Wenn man auf dem Trockenen liegt, kann einen weder einer umfahren noch kann sich der Anker lösen. ;-)

Die Pricken markieren das Fahrwasser - nicht weit weg, aber es reicht Die Pricken markieren das Fahrwasser - nicht weit weg, aber es reicht Die Pricken markieren das Fahrwasser - nicht weit weg, aber es reicht

Abendstimmung in Langeoog Abendstimmung in Langeoog Abendstimmung in Langeoog - das Wasser zieht sich langsam zurück

Tag 4 - Die Rückreise

Für die Planung habe ich natürlich die Wetterberichte im Auge gehabt. Der Wetterbericht für den Dienstag sah gut aus:

Küstenwetterbericht herausgegeben vom Deutschen Wetterdienst, Seewetterdienst Hamburg am 02.06.09, 06.00 GZ

Vorhersagen gültig bis heute Mitternacht:

Nordseeküste: Ostfriesische Küste: Nord bis Nordwest 4 bis 5, zunehmend 6, anfangs diesig, Nebelfelder. Elbmündung: Nordwest 4, zunehmend 6, anfangs strichweise diesig. Helgoland: Nord bis Nordwest 5, zunehmend 6 bis 7, strichweise diesig. See zunehmend 2 Meter. Nordfriesische Küste: Nordwest um 4, zunehmend 6 bis 7, gute Sicht. Elbe von Hamburg bis Cuxhaven: Nord bis Nordwest zunehmend 4, Cuxhaven später 6, Frühnebelfelder.

Nachdem der Wind die Tage vorher aus Nordost gekommen war und ich nach Hause hätte kreuzen müssen heißt Nordwest, daß ich einen Anlieger fahren kann wenn ich aus dem Seegatt raus bin. Auch die Elbe hoch kommt der Wind dann von hinten und 4 Bft im Mittel sind eine angenehme Brise. Wegen der langen Strecke kein Abstecher zum Leuchtturm Roter Sand, sondern der direkte Weg. Aber auch der hält mich außerhalb der Route für die Großschiffe - also ist mit nur wenig Verkehr zu rechnen. Die Geschwindigkeit und die Gegenströme sollten mit denen der Hinreise vergleichbar sein. Fixpunkt ist die Tonne 3 am Eingang der Elbe vor Schahörn. Da will ich um 13:00 sein um dann das Niedrigwasser in Cuxhaven um 16:00 zu treffen. Zurück gerechnet heißt das Anker auf in Langeoog um 06:00. Vermutliche Ankunft in Wedel dann um 21:00. So viel zur Planung. ;-)

Um 04:45 bewegte sich das Boot das erste Mal wieder - das Wasser kam zurück. Ich fand es eine schlaue Idee ordentlich zu futtern, bevor es los geht. Also die warme Mahlzeit Morgens um Fünf. =:-) War auch gut so, denn während der Fahrt bin ich zu nichts gekommen. Auch den Tee, den ich mir gekocht hatte, hab ich dann nicht getrunken.

Gegen Sieben dann den Anker hoch und los gefahren. Im Hafen waren noch laue 10kn Wind, aber als ich aus der Abdeckung raus kam waren es schon 20 kn, also 4 Bft. wie angesagt. Der Tag versprach also angenehm zu werden.

Das Seegatt hab ich noch bei auflaufendem Wasser durchfahren. Hatte daher zwar Gegenstrom und mußte auch genau gegen den Wind fahren, aber ich brauchte die Zeit, weil ich eine “Verabredung” vor Schahörn hatte. Wie in den Beschreibungen zu lesen, war der Seegang im Gatt etwas rauher. Links und Rechts immer mal wieder leichte Brandungsfelder wo es flach war, aber das Wetter war ja gut und alles easy, da ich gestern ja den anderen Weg gefahren bin und wußte wo die Tonnen lagen. Da der Wind genau von Vorne kam, mußte ich motoren - etwas unsportlich, aber ich wollte ja nach Hause.

Ab der Ansteuerungstonne dann den direkten Kurs zur Tonne 3 im Elbeingang vor Schahörn abgesetzt. Seegang bis zu einem Meter. Hab sicherheitshalber ein Reff ins Großsegel gemacht und mit etwa 8-10 kn ging es in Richtung Heimat - am Horizont die ostfriesischen Inseln. Sonne am Himmel, ordentliche Fahrt im Schiff - was will man mehr?

Beim Queren der Weser gab es jede Menge dicke Pötte. Einige lagen auf Reede, einige fuhren. Nicht einfach geradeaus, sondern sie drehten mal hierhin, mal da hin, da sich dort mehrere Fahrwasser treffen. Bei Nacht bekommt man da wohl graue Haare, wenn man da durch will. Bei Tag ist das aber alles kein Problem. Mal ein paar Grad abfallen oder anluven und man kann sich gut frei halten - insbesondere wenn man da mit diesem Speed durch rauscht.

Hinter der Weser hatte ich den Eindruck, daß die See etwas rauher wurde. Der Seegang kam nicht schön aus einer Richtung, sondern war etwas kabbelig mit einer Grunddünung aus Westen.

Bei dem Seegang war die Tonne 3 vielleicht keine so schlaue Wahl, denn sie liegt recht dicht bei Schahörn und aus meiner Richtung geht es da über recht flaches Wasser. Durch die Grundeffekte ist dort ja mit steilerer unnangenehmer See zu rechnen. Also hab ich etwas höher gehalten um mit mehr Abstand zum flachen Wasser den Eingang zur Elbe zu suchen. Dabei hab ich nicht in die Karte geschaut, sondern einfach etwas höher gehalten, als das GPS anzeigte und bin dann den großen Pötten gefolgt, die brauchten ja das tiefe Wasser, was ich auch gesucht habe.

Ab der Untiefentonne West vor Schahörn hieß es dann abfallen in Richtung Elbe. Der Seegang war recht ordentlich. Die Höhe der Wellen kann man schlecht schätzen, aber 2m werden darunter gewesen sein. Sie fingen schon an zu brechen. Ich war schon gegen 12:00 dort - etwas früher als geplant. Und auch bei meiner geplanten Zeit wäre ich gegen das ablaufende Wasser gefahren. Erstmal nur eine Strafe bei der Geschwindigkeit mit der man voran kommt. Der Seegang war draußen auf See aber höher war als erwartet. Auf dem Weg nach Cuxhaven stand dann ja Strom gegen Seegang und Wind - das klassische Bild, daß sich die Wellen aufsteilen. Das Seehandbuch spricht an dieser Stelle auch davon, daß sich dort schon bei moderaten Windverhältnissen um 4 Bft. Bedingungen aufbauen können, die dieses Seegebiet für kleine Boote unpassierbar machen. Hmm, die Zutaten dafür waren also gegeben - heißt das, daß ich da jetzt nicht mehr durch kam? Allerdings hatte ich mir auch die Seegangsvorhersagen angeschaut. Der Seegang wurde nur noch höher, kein Wunder, denn ein Windfeld lag dann über der Nordsee. Also wurden die Bedingungen nur noch schlechter. Wenn, dann also jetzt und sonst erst wieder in ein paar Tagen. Helgoland wäre die Alternative gewesen. Da wettert man ab, wenn es nicht mehr in die Elbe geht. Von dort aus geht ja eine Fähre …

Also erst mal schnuppern wie es so ist. Mit einem Reff im Groß und reduzierter Fock bei raumem Wind bretterte ich also Richtung Cuxhaven. Dauernd kam die Kiste ins surfen und schoß vorne die Welle runter. Manchmal ging es dann vorne in die nächste Welle rein und Wasser kam übers Vorschiff. Das alles wurde mir zu viel - ich war zu schnell und mußte die Geschwindigkeit reduzieren. Also hoch an den Wind und das zweite (und damit letzte) Reff ins Großsegel gebunden und dann die Fock noch weiter reduziert. Ein Blick auf den Windmesser zeigte 30kn Wind - das sind satte 7 Bft. Zwischendurch kamen noch Böen rein, die noch stärker waren und das Boot nach vorne hämmerten - das werden dann wohl so um die 8 gewesen sein. Das ist die Grenze dessen was das Handbuch für den Dragonfly für diese Besegelung angibt (OK, da werden noch Sicherheitsreserven drin gewesen sein und außerdem fuhr ich mit raumem Wind …).

Also weiter im Text. Immer noch war ich sehr schnell. Viele der großen Wellen hab ich abgesurft. Die Welle hebt das Heck an und man schaut vorne nur in eine in der Elbe bräunliche Wassermasse. Die Geschwindigkeit steigt auf 13 und mehr Knoten und man rast vorne auf der Welle. Allerdings ist das Schiff für diese Geschwindigkeiten gemacht und liegt dabei sehr gut auf dem Ruder. Für diese Verhältnisse fährt sich das Schiff fast wie auf Schienen: Wenig Ruderdruck und es folgt willig allen Ruderbefehlen ohne daß ich sehr viel Ruderdruck ausüben muß. Wenn der Wind also nicht dramatisch mehr wird und der Seegang weiterhin einigermaßen aus einer Richtung kommt und weiter vorne keine Bereiche mit Kreuzseen kommen, dann sollte die Einfahrt nach Cuxhaven machbar sein. (Eine Umkehr jetzt wäre dann auch richtig in Arbeit ausgeartet …)

Ich hab ja nicht die Erfahrungen mit anderen Booten, aber eine schwere Kielyacht hätte wohl mehr zu kämpfen gehabt. Sie kommt nicht so einfach ins Gleiten. Damit werden die Wellen wohl unter dem Schiff durch rollen und das Schiff jedes Mal aus dem Kurs zu werfen versuchen. Diesen Effekt hab ich nicht so sehr gespürt - wohl weil der Dragonfly so leicht ist und schnell beschleunigt. Allerdings muß er dabei aktiv gesteuert werden - sonst klappt das alles nicht. Ausruhen und Pennen war also nicht.

Am Anfang hab ich mich etwas weiter von den Sänden weg gehalten. Im Falle daß ich Probleme bekäme wollte ich mehr Platz zum Reagieren haben. Also fuhr ich in der Mitte des Fahrwassers. Es war wenig Verkehr und ich sowieso das einzige Segelschiff weit und breit. Es war ja ein normaler Arbeitstag und die Ausflügler schon längst zu Hause. Da fragt man sich schon manchmal was man da so mutterseelenallein macht.

Von der Geschwindigkeit konnte ich fast mit den Großschiffen mithalten. Als ich dann bei Neuwerk Reede ankam war mehr Platz nach Lee und ich wollte aus dem Fahrwasser fahren. Natürlich habe ich den Kurs nur behutsam geändert. Weit hinten kam ein Containerfrachter an. Der hatte mich offenbar auf dem Radar und merkte meine Kursänderung. Da ich vor ihn fuhr dachte er wohl ich hätte ihn nicht gesehen. Ich wollte aber weiter rüber und neben dem Fahrwasser fahren. Für mich ist es da tief genug und ich muß dann nicht mehr auf die Großschiffe achten. Dem Containerdampfer war das aber wohl erstmal nicht geheuer und er hupte mich an, obwohl er noch sehr weit weg war. Sehr aufmerksam von ihm! Aber was sollte ich tun? An die Funke konnte ich nicht. Ich brauchte alle meine Sinne um zu steuern. Ob die mich im Fernglas hatten? Keine Ahnung, denn mein Handzeichen, daß ich sie gesehen hatte hatten sie wohl nicht gesehen. Sie hupten noch weiter. Aber dann müssen sie meinen Plan wohl begriffen haben als ich dann rechts außerhalb des Fahrwassers fuhr. Passiert haben sie mich dann eine Viertelstunde später - so gering war der Geschwindigkeitsunterschied. =:-)

Immer mal wieder kam eine Gruppe von großen Wellen und manchmal wurde das Wellenbild auch etwas unruhiger. Aber die ganze Zeit war es beherrschbar - Fahrfehler wären aber fatal gewesen. Vor Cuxhaven mußte ich dann platt vor dem Laken fahren. Eine Situation in der ich mich immer unwohl fühle. Jetzt eine Patenthalse und das Rigg würde von oben kommen. Also Zunge gerade halten und ganz genau steuern. Bei Cuxhaven wurden die Wellen zwar kleiner, aber dafür das Wellenbild chaotischer. Über die Medem-Sände setzte der Strom und brachte Unordnung ins Wellenbild - immer noch herrschte ablaufendes Wasser und ich war eine Stunde vor Hochwasser dort. Die Wellenhöhe war aber nur noch einen halben Meter oder weniger - also im Grünen Bereich. Nur war es nicht gemütlich.

Richtung Brunsbüttel hieß es dann wieder anluven. Immer noch blies es mit 6-7. Zwischendurch einige Böen, wo das Boot zeigte, daß es sich auch nicht mehr ganz so wohl fühlte. Aber recht glattes Wasser wo man keine Anst haben mußte daß der Leeschwimmer durch eine Welle plötzlich unterschneidet. Noch ging es also.

Die Front war dann wohl durchgezogen. Nachdem es am Anfang sonnig war zog es sich Mittags ja zu. Hinter Brunsbüttel klarte der Himmel wieder auf und der Wind nahm etwas ab. Als ich dann mit dem Gedanken spielte ein Reff aus dem Groß zu schütteln kam wieder eine Bö, die mich nach vorne hämmerte und ich verwarf den Gedanken. Ich wollte nach Hause und keine Rekorde brechen. Der Gegenstrom hielt erstaunlicherweise bis etwa Stade an - ich war wohl zu schnell unterwegs und die Flut holte mich nur sehr langsam ein. Gegen 20.30 bin ich dann in Wedel angekommen schnell eingeklappt und angelegt. Uff, das war geschafft - so langsam war dann auch gut. =:-)

Alles in allem ein perfekter Törn. Hatte von allem etwas. Erst optimale Bediungen für die Anreise zu den ostfriesischen Inseln. Abends die erste Lernstunde bei dafür optimalen Bedingungen. Es war ja nicht kritisch, aber trotzdem so, daß einem der Ernst der Lage klar wurde, wären schlechtere Bedingungen gewesen. Ich denke daß dieses Gat auch eines der komlizierteren war. Das Wattfahrwasser war die nächste Erfahrung, mal abgesehen daß es wunderschön war. Und die Rückfahrt lief ja auch anders als geplant. Hätte ich gewußt, daß da 7 Bft. herrschten, wäre ich nicht gefahren und hätte woanders parken müssen. So aber habe ich das Boot auch in schwierigeren Bedinungen kennen - und auch schätzen gelernt. Man kann ihm schon einiges zutrauen.

Da die Selbsteueranlage die Wellen nicht so sauber aussteuern konnte - insbesondere nicht bei der Einfahrt nach Cuxhaven mußte ich fast die ganze Zeit selber steuern. Später auch deswegen um im Falle einer Bö besser reagieren zu können. Heute hab ich Muskelkater … =:-)